Klaus-Peter Renneberg im Gespräch mit dem Hiphop-Künstler Tapete aus Berlin.
Klaus Peter Renneberg: Ich habe so ein bisschen die vulgäre Vorstellung, man nimmt eine schleimige Masse, tut sie auf ein Papier und hängt das ganze an die Wand und das nennt man dann Tapete, um zu kaschieren oder um zu verschönern – je nachdem. Neben mir sitzt jemand, der sich Tapete nennt. Tapete: Willst Du kaschieren oder verschönern?
Tapete: Tapete kommt von dem altbekannten Spruch „Hallo Wand, hier spricht Tapete“, wenn jemand nicht zuhört. Aber es lässt sich auch metaphorisch auslegen auf die Wand. Das heißt, im Prinzip verschönert eine Tapete ne Wand, hat aber die Wahrheit hinter sich. Das heißt nicht, dass ich die Wahrheit kaschiere – ganz im Gegenteil – Tapete hat sich vom Kleister gelöst!
K.-P. R.: Du hast zwei, drei Kollegen mitgebracht. Stellt ihr Euch mal eben selber vor?
DJKaiKani: Ich bin KaiKani und heute nur als Support-DJ für Tapete dabei. Ich bin sonst in ner Band mit dem schönen Namen Schlagzeiln.
Der Wölf: Ich bin der Wölf und ich werd den Tapete heute unterstützen auf dem Konzert als Backup-MC. Und dann gibt es noch einen Song, den ich von meiner EP vorstellen werde.
K.-P. R.: Gestatte eine dumme Frage für jemanden der vielleicht nicht so mit dem technischen Vokabular vertraut ist, Backup-MC?
Der Wölf: Ich werde ihn gesanglich bei seinen Gesangseskapaden unterstützen, doppeln sozusagen, mitsingen.
K.-P. R.: Ihr seid also keine feste Band, sondern findet Euch zusammen zu solchen Veranstaltungen wie heute Abend auf unserem Festival?
Tapete: Na, ich sag es mal so: Wir sind gut vernetzt aber mit dem Wölf bin ich schon fest unterwegs. Und mit Kai eigentlich auch recht häufig. Von wegen nur Support-DJ. Das sagt er nur damit die von Schlagzeiln ihn hinterher nicht verprügeln.
K.-P.R.: Tapete, was machst Du, wenn Du keine Musik machst?
Tapete: Ich mache eigentlich so gut wie nur Musik. Wenn ich keine Musik mache, dann kann es sein, dass ich Alkohol trinke oder rauche. Aber ansonsten bin ich viele Stunden am Tag damit beschäftigt, entweder zu produzieren oder Texte zu schreiben und dadurch, dass ich unabhängig und alleine agiere, mich an die Mann und die Frau zu bringen.
K.-P.R.: Festival Musik und Politik. Was treibt Dich hierher zu so ner Mucke?
Tapete: Ich wurde netter- und dankenswerter Weise von Conexion Musicale hier her empfohlen. Dann hat sich der zuständige Mann meine Musik angehört und das für richtig empfunden, mich hier auftreten zu lassen. Ich bin auf jeden Fall ein politischer Rapper, weil ich meine Umgebung reflektiere und in meinen Texten kritisch auseinander nehme. Natürlich mit nem Hintergrund von Kapitalismuskritik. Gerade weil es Rap ist, wo Homophobie und Sexismus sehr stark vertreten ist. Da geh ich auf jeden Fall in meinen Texten gegen vor.
K.-P.R: Politik und HipHop bzw. Politik und Rap – siehst Du da ne grundlegende Verbindung?
Tapete: Dem Rap wird auch im Mainstream nachgesagt, dass er authentisch sei. D.h. große Rapper, deren Namen ich nicht nennen brauche, haben den Ruf besonders authentisch zu sein, für gewisse Randgruppen zu sprechen, deren Sprachrohr zu sein. Was oft vergessen wird im Mainstream, ist, andere Minderheiten zu schützen. Dort profiliert sich die eine Minderheit auf Kosten der anderen und das halte ich insgesamt für destruktiv. So etwwas wollen wir nicht machen. Ich gehöre zur armen Schicht der Bevölkerung. Lebe am unteren Rand des Existenzminimums. Das verarbeite ich natürlich und schau mir an, wie mit mir umgegangen wird und reflektiere das mit anderen, die nicht unbedingt Rap als ihre Ausdrucksform haben, aber auch aggressiv werden, wenn sie schlecht behandelt werden. Ich vergesse aber nicht und das ist mir sehr wichtig, mich um andere Menschen zu kümmern. Die lasse ich nicht außen vor. Und da finde ich Rap interessant und das geeignete Medium, um zu sagen, was man denkt. Mit vielen Worten und mit Nachdruck.
K.-P.R.: Was erwartest Du vom Festival?
Tapete: Ich erwarte, dass die Leute nach dem Konzert auf meine Website gehen und mein Album runterladen. Und sich das dann in Ruhe noch mal anhören, wenn ihnen das heute hier gefällt. Die meisten der Laufkundschaft auf der Oranienstraße wollen einen Beat haben und ein bisschen zur Musik nicken, ein bisschen Spaß haben, lachen. Insofern ist es schwer zu sagen, ob der Abend politisch auszuwerten ist. Was hängen bleiben kann, sind die Namen der Künstler. Und das sind Lea-Won, Conexion Musicale, Tapete – alles interessante Künstler, die viel zu sagen haben. Und wenn denen der auftritt gefällt, wird sich der eine oder andere vielleicht später informieren.